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das Meer in eine Symphonie aus Rot und
Gold. Alessandro lag nicht mehr neben ihr.
Hastig setzte sie sich auf und griff instinkt-
iv nach der leichten Seidendecke, die von der
Liege zu rutschen drohte. Bei näherer In-
spektion erwies sie sich als eleganter Mor-
genmantel. Elena stand auf, schlüpfte hinein
und schaute suchend um sich, während sie
das Band in der Taille schloss. In der Däm-
merung sah sie Alessandro an einem Tisch
im Hintergrund sitzen. In der Hand hielt er
ein Weinglas und er beobachtete sie. Sein
T-Shirt hatte er nicht übergezogen, sondern
nur die lockere schwarze Leinenhose.
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Mit Abstand betrachtet wirkte sein
muskulöser, trainierter Körper noch aufre-
gender, und inzwischen wusste Elena auch,
was er damit anstellen konnte &
Sie hob die Augen wieder zu seinem
Gesicht, und ihr Atem stockte. Das war
wieder der Alessandro Corretti, den sie bei
ihrer ersten Begegnung kennengelernt hatte.
An diesen Blick erinnerte sie sich: düster,
brütend, in sich gekehrt.
Auch er schien sich zu erinnern, und zwar
daran, dass er sie verachtete.
Elena schluckte und wappnete sich. Es ist
besser so, versuchte sie sich einzureden. Das
ist es doch, was du gewollt hast. Langsam
trat sie näher.
Setz dich. Seine Stimme klang kühl und
unpersönlich. Für Elena fühlte es sich an wie
ein Schlag ins Gesicht, nach dem, was sie vor
Kurzem noch geteilt hatten. Auf dem
Steintisch standen üppig belegte Platten. Du
bist bestimmt hungrig.
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Widerwillig sagte sie sich, dass ihr knur-
render Magen der einzige Grund sei, weshalb
sie gehorchte und tatsächlich Platz nahm.
Ihr Tischnachbar fläzte sich mit demonstrat-
iver Lässigkeit in seinem Korbstuhl und ließ
sie keine Sekunde aus den Augen. Sie hatte
geahnt und insgeheim auch erwartet ,
dass er eine noch niedrigere Meinung von ihr
haben würde, nachdem sie miteinander
geschlafen hatten. Zumal er sie immer noch
als Niccolos Verlobte ansah. Was sie allerd-
ings schockierte, war der stechende Schmerz,
den sie dabei empfand.
Doch das durfte sie sich nicht anmerken
lassen.
Also zwang sie sich zu einem Lächeln,
während sie an den Tisch heranrückte und
anscheinend interessiert die angebotenen
Speisen inspizierte. Neben einer Käseplatte
mit frischem Obst stand ein Korb mit
duftenden, goldgelben Maisfladen. Dazu gab
es Brotaufstriche wie schwarze Olivenpaste
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und Taramasalata, aus gesalzenem Fischro-
gen. Auf einer ovalen Platte türmte sich eine
Variante der traditionellen sizilianischen Ca-
ponata di Melanzane, ein Ratatouille aus
gekochten Auberginen, hier verfeinert mit
Meeresfrüchten.
Elena probierte den Wein, den Alessandro
ihr eingeschenkt hatte: ein vollmundiger
Roter, unter Siziliens Sonne gereift. Mit
geschlossenen Augen nahm sie einen großen
Schluck, um Schmerz und Scham einfach
herunterzuspülen.
Als wenn das so einfach wäre! Verzweifelt
versuchte sie, sich den Anschein zu geben,
als wäre es nichts Besonderes für sie, nach
erfülltem Sex zusammen mit ihrem
Liebhaber bei einem Glas Wein den farben-
prächtigen Sonnenuntergang zu genießen.
Vor seinem Strandhaus, auf seiner Insel.
Nicht schlecht , lobte sie, nur um irgen-
detwas zu sagen. Wieder einmal wurde ihr
bewusst, wie wenig cool und welterfahren sie
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doch war. Niccolo hatte sie in schicke Kleider
gesteckt und ihr einen gewissen Stil antrain-
iert. Doch dabei hatte er sie nie vergessen
lassen, dass sie immer noch Elena Calderon,
das einfache Mädchen aus einem versch-
lafenen Provinznest war, Nachfahrin einer
langen Ahnenreihe von armen Fischern. Und
dass er allein sie aus Gnade außerhalb ihrer
Liga spielen ließ und das auch nur für
bestimmte Zwecke.
Alessandro beobachtete sie immer noch
aufmerksam, was Elena zunehmend nervös
machte. Sie fühlte sich schutzlos, aus-
geliefert. Ein Corretti, dem die Worte
fehlen? , versuchte sie, ihn aus der Reserve
zu locken. Wie ungewohnt.
Verrate mir nur eins & Die harte, kom-
promisslose Stimme kündete keinen Small
Talk an. Wenn du von hier aus zu deinem
Verlobten zurückkehrst, was für eine
Geschichte wirst du ihm dann auftischen?
Wirst du ihm erzählen, wie oft du meinen
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Namen geschrien hast, während wir uns
geliebt haben?
Obwohl sie so etwas hätte erwarten
müssen, wurde Elena totenblass. Ihre Finger
krampften sich um den Stiel ihres
Weinglases.
Aber vielleicht ist es ja genau das, was ihn
antörnt. Möglicherweise genießt er es, sich
seine Verlobte auf dem Gipfel der Ekstase in
den Armen eines anderen Mannes vorzustel-
len? Seine Augen glühten wie Kohlestücke,
heiß und schwarz. Ist es ein Spiel, das ihr
beiden zusammen treibt, und ich bin nur der
letzte in einer langen Reihe von unwissenden
Probanden? Bist du die Munition, die er auf
seine Feinde abfeuert, damit ihr euch später
an ihren Verletzungen weiden und euch über
sie amüsieren könnt?
Elena gratulierte sich bitter zum Erfolg
ihrer Strategie. Sie bekam genau das, was sie
herausgefordert hatte.
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Und verdient? Darüber wollte sie jetzt
nicht nachdenken.
Immer wieder versicherte sie sich, dass es
ihr nichts ausmache, was ein Mann wie
Alessandro Corretti von ihr dachte. Im Ge-
genteil! Je schlimmer, desto besser. Je tiefer
sie in seinem Ansehen sank, desto sicherer
konnte sie sich fühlen, weil er so wenigstens
nicht auf die Idee käme, Niccolo über ihren
Aufenthaltsort zu informieren.
Nach einem weiteren Schluck von dem
schweren Rotwein beschloss sie, ihren bitter-
süßen Triumph zu genießen. Mein Verlobter
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