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meine, wir sind Problemlöser. Das klingt wie ein Resümee,
aber du weißt schon, was ich meine.«
»Letzten Endes hat es eigentlich nicht viel gebracht«, räumte
Phoebe ein. »Sie hat ihm nicht einmal gesagt, ob sie den Brief
geschrieben hat oder nicht.«
»Nun, das stimmt. Aber es war ein löblicher Versuch. Wir
haben zwar noch immer ein Problem, aber danke. Für den
Versuch.«
Phoebe wollte noch etwas sagen oder ihre Schwester in den
Arm nehmen oder so. Irgendetwas. Aber Piper öffnete schnell
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die Tür und ging hinaus. Phoebe war wieder allein mit ihren
Sorgen und Befürchtungen.
Aber zumindest hatte sie eine ältere Schwester, die sie liebte.
Ganz gleich, was passierte.
Das lässt sich nicht mit Gold aufwiegen, dachte sie.
Rosa Porfiro verbrachte jeden Abend in einer Glaskabine in der
Tiefgarage eines der besten Hotels der Stadt und beobachtete,
wie Autos der Marken BMW und Mercedes oder Lamborghini
an ihr vorbeifuhren. Manchmal war auch ein altmodischer
Lincoln oder Caddy dazwischen. Sie saß auf ihrem Hocker und
begrüßte die Fahrer, und dann, wenn die Autos die Tiefgarage
verließen, überprüfte sie ihre Tickets und kassierte das Geld. In
der Garage parkten außerdem die Mitarbeiter des Hotels, und
sie kannte natürlich jeden von ihnen beim Namen, winkte
ihnen zu, wenn sie an den teuren Autos vorbeibrausten, und
zuckte zusammen, wenn sie bremsten und die Reifen auf dem
glatten, ölfleckigen Betonboden quietschten.
Wenn ihre Schicht zu Ende war, wartete Rosa auf den
städtischen Bus, der sie von Nob Hill zu ihrer Straße im Sunset
District bringen würde, zwischen Golden Gate Park und Zoo.
Der Bus, sagte sie sich, kostete wahrscheinlich mehr als jedes
der Autos, die jede Nacht an ihr vorbeifuhren, aber natürlich
gehörte er nicht ihr und sein Fahrer stand nicht auf ihrer
persönlichen Gehaltsliste. Sie zahlte einen Dollar und setzte
sich auf ihren Platz. Trotzdem konnte sie sich keine bessere
Lösung wünschen. Sie hatte nie ein eigenes Auto gehabt und
würde wahrscheinlich auch nie eins besitzen. Sie würde ganz
bestimmt nie einen Jaguar oder Lexus fahren. Selbst wenn sie
sich einen leisten könnte angesichts der wenigen und teuren
Parkplätze würde der Bus immer ihre erste Wahl sein.
Es wäre schön, reich zu sein, dachte sie oft. Sie könnte sich
daran gewöhnen. Aber nicht reich zu sein war deshalb nicht
notwendigerweise etwas Schlechtes. Sie und ihr Mann Rico
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hatten ein kleines Haus und sie hatten Patricio, ihren Sohn, der
inzwischen neun und reichlich ungestüm war, aber gleichzeitig
auch ihr Lebensglück bedeutete. Rico arbeitete auf dem Bau. In
einer Stadt wie dieser wurde immer gebaut, sodass es stets
Arbeit für ihn gab. Er mochte es, draußen zu sein und mit
seinen Händen zu arbeiten. Patricio ging zur Schule und wurde
nachmittags beaufsichtigt, und dann holte ihn Rico am Ende
des Tages ab. Rosa war zu dieser Zeit bereits auf dem
Heimweg, und Patricio lag schon im Bett, wenn sie um zehn
nach Hause kam. Aber sie sah ihn jeden Morgen, half ihm
beim Anziehen, machte ihm Frühstück und brachte ihn zur
Schule, und natürlich war sie jedes Wochenende mit ihm
zusammen. Und so hielt sie sich für gesegnet, auch wenn das
Geld oft knapp war und sie sich selten etwas leisten konnten.
Patricio würde inzwischen tief schlafen, doch Rico würde
noch wach sein und im Wohnzimmer vor einer Leinwand
sitzen, während im Hintergrund leise der Fernseher lief. Er
malte das Meer, wie er es sah, wenn er in der Nähe der Küste
arbeitete. Die Gemälde waren klein, manchmal nicht größer als
Postkarten, und seine Kusine Lupe verkaufte sie auf einem
Flohmarkt, wenn sie konnte, was ein paar zusätzliche Dollar
einbrachte. Rosa hatte es zuerst überraschend gefunden, dass
ein derart großer, kräftiger Mann derart kleine Bilder malte.
Aber er konnte nun einmal gut mit den Händen arbeiten, hatte
er ihr erklärt. Und ein Gemälde war auch so etwas wie ein
Bauwerk.
Rosa ging jetzt die drei Blocks von der Bushaltestelle nach
Hause und beschleunigte ihre Schritte. Sie konnte es kaum
erwarten, heimzukommen und zu sehen, was er heute Abend
gemalt hatte. Das Viertel war still und in dichten Nebel gehüllt.
Fast jede Nacht war es hier, so nahe am Meer, nebelig, obwohl
Nob Hill vom Licht der Sterne und des Mondes erleuchtet
wurde.
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Rosa dachte an ihr Zuhause, an Ricos Kunst und Patricios
schlummernde Gestalt, als sich der Nebel vor ihr verfestigte.
Sie prallte gegen irgendetwas und wich zurück, zu verblüfft,
um zu schreien. »Es tut mir Leid«, murmelte sie, nachdem sie
einen Moment Zeit gehabt hatte, sich zu fassen. Sie sagte sich,
dass sie mit jemandem zusammengestoßen sein musste,
vielleicht mit einem der älteren Leute aus der Nachbarschaft,
einem Rentner, der seinen Hund ausführte oder nur etwas
frische Luft schnappen wollte. Aber sie konnte niemanden
sehen. Sie hoffte, dass sie diese Person nicht zu Boden
geworfen hatte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Was war,
wenn sie jemanden verletzt hatte?
Dann teilte sich der Nebel, und sie sah eine verschwommene
Gestalt. Es war ganz und gar keine ältere Person, dachte sie,
sondern ein junger Mensch. Es war schwer, es mit Sicherheit
zu sagen. Die Gestalt war undeutlich, kaum mehr als ein
Schatten. Doch der Eindruck, den sie hatte, war der eines
jungen Mannes, der sich ihr drohend näherte. Sie hob eine
Hand, aber der Schatten schlug sie hart beiseite. Jetzt schrie
Rosa auf.
Eine feuchte Hand legte sich auf ihren Mund und erstickte
den Schrei. »Nein«, sagte eine Stimme. Keine freundliche
Stimme, dachte sie. In dieser Stimme liegt das Böse. »Ich mag
die Stille, du nicht auch?«
Sie wollte sich wehren, den Kopf schütteln, beten, weinen.
Aber er hielt sie so fest, dass sie sich nicht bewegen, nicht
einmal Atem holen konnte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen,
während er sie festhielt, und dann spürte sie etwas Spitzes an
ihren Rippen und einen plötzlichen heißen Schmerz. In Rosa
kochte der Zorn hoch. Er hatte sie verletzt! Er hatte ihr etwas
angetan, und er hatte kein Recht, keinen Grund...
Dann spürte sie einen weiteren Schmerz und noch einen.
Flüssigkeit rann über ihren Bauch, und sie wusste, dass es Blut
war, wusste, dass er auf sie einstach, wieder und wieder. Der
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Schmerz war heiß, aber Rosa wurde jetzt kalt, sehr kalt, als
hätte der San-Francisco-Nebel selbst seine spitzen Finger durch
ihre Seele getrieben.
Darryl Morris zeigte der uniformierten Polizistin, die den
Tatort bewachte, seine Dienstmarke, und die junge Frau hob
das Absperrband, um ihn durchzulassen. »Guten Abend, Sir«,
grüßte sie. Sie hatte sehr regelmäßige weiße Zähne und unter
ihrer Mütze eine Mähne aus kupferfarbenen Haaren. Einige
Strähnen hatten sich gelöst und hingen ihr ins Gesicht. Sie sah
ihn ernst an. »Es ist ein schrecklicher Anblick, Sir.«
»Sind das nicht alle Morde?«, fragte Darryl müde.
»Ich weiß es nicht, Sir. Ich bin erst seit drei Wochen im
Dienst. Das ist der schlimmste Mord, den ich bisher gesehen
habe.«
Darryl wollte antworten, hielt aber seine Zunge im Zaum.
Hätte er in seinen ersten drei Wochen als Polizist alles
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